Für das ZDF-Format “Die Spur” waren wir in Nordostsyrien, um dem mutmaßlichem Solingen-Attentäter hinterher zu recherchieren. Seit dem Attentat ist die Debatte um das Grundrecht auf Asyl in Deutschland on fire. Schnell wurden durch die Politik vermeintliche Lösungen - wie Messerverbote und Abschiebungen - präsentiert. Dabei ist eine genaue und sachliche Analyse solcher Fälle wichtig, um in Zukunft Attacken zu verhindern. Eine Generalisierung bringt dagegen nichts.
Der mutmassliche Solingen-Attentäter stammt aus einer ehemaligen IS-Hochburg und unsere Recherchen legen nahe, dass er dort wohl bereits Kontakt zur Terrororganisation hatte. Klar ist: Wer Attentate des IS verhindern will, muss da ansetzen, wo die Organisation immer noch die meisten Anhänger hat. Tausende Kämpfer und zehntausende IS-Angehörige sitzen in Lagern, der Selbstverwaltung von Nordostsyrien. Ein Pulverfass.
Im Film durchpflügt Laura Kipfelsberger das Netz nach Informationen zum mutmaßlichen Attentäter. Wir haben uns beispielsweise in online Foren und Chatgruppen des IS herumgetrieben. Dort gibt es brutale, menschenverachtende Hassvideos. Schwierig, die Foren zu finden, war es nicht.
Psychologe und IS-Experte Jan Ilhan Kizilhan hat uns geholfen, die Ideologie der Jihadisten besser zu verstehen und die ganzen gesammelten Informationen einzuordnen. Was macht die Ideologie mit jungen Leuten? Und wo könnte man Ansetzen, um dagegen zu steuern.
Besonders krass und tragisch fand ich bei der Recherche in Solingen, dass in der Unterkunft, wo der mutmassliche Täter untergebracht war, bis heute Yeziden und Kurden leben, die selbst vor den Schrecken der Terrororganisation und dem Krieg in Syrien geflohen sind. Für sie war der Anschlag ein ganz besonderer Schock. Doch die Gesellschaft in Solingen begegnet ihnen mit Ablehnung.
Unser Dank gilt allen bei sendefaehig und in der “Die Spur” Redaktion, die das Projekt ermöglicht haben. Khabat Abbas und Aref Krez, die mit uns recherchiert haben. +963media, die uns mit einer ihrer Quellen in Verbindung gebracht haben. Sulaiman Tadmory, der Syrien, Sitara Ambrosio, die Solingen und Laura Will, den den Hub gedreht hat. Außerdem Michael Stragies und Laura Will, die mit uns geschnitten haben. Anika Knudsen, die uns redaktionell von sendefähig betreut hat. Martin Benedix und Christoph Dohne, die die Produktion umgesetzt haben. Lucas Eiler und Nicolai Piechota, die von Seiten der „Die Spur“ Redaktion immer kritisch nachgefragt und mit uns am Thema gearbeitet haben.
Unser Film jetzt online in der ZDF Mediathek, am 26.2.25 um 22:45 Uhr im ZDF und am 5.3.25 um 18:00 Uhr auf phoenix. Unsere Erkenntnisse haben wir außerdem in Schriftform bei ZDFheute zusammengefasst.
Einen Tag nach der Veröffentlichung unserer Dokumentation gab die Bundesanwaltschaft bekannt, dass nun Anklage gegen den mutmasslichen Täter erhoben wird. Mit seinem zweiten Handy hatte er direkten Kontakt zum IS und leitete sein Bekennervideo weiter. Zum Zeitpunkt der Recherche und Publikation, war das noch unklar.