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Lesbos – der Versuch einer Momentaufnahme

Die Tore Europas sind im Jahr 2020 fest verschlossen und lassen nur wenige Schlupflöcher. An ein paar wenigen Orten gelingt es Geflüchteten, die Grenzen zu überqueren. Einer davon ist die griechische Ägäisinsel Lesbos, die zu einem Knotenpunkt der Fluchtroute über das östliche Mittelmeer geworden ist. 2020 befindet sich das größte Lager für Geflüchtete in Europa auf der Insel. Vor Ort kommt es zu Konflikten. Ende Februar 2020 wenden sich Teile der Inselbevölkerung gegen Geflüchtete. Raphael Knipping und ich waren einen Monat lang vor Ort und haben eine lange, multimediale Reportage, die frei zugänglich ist, zusammengestellt.

Moria ist mittlerweile niedergebrannt. Die meisten Menschen wurden auf einen ehemaligen Schießplatz direkt an der Küste umgesiedelt. Im Sommer brennt die Sonne auf sie herab, im Winter fegt der eiskalte Wind vom Meer. Im Jahr 2021 kehren wir zurück, um für „taz – die tageszeitung“ eine Reportage über die Situation auf der Insel zu schreiben.

Titelseite, „taz – die tageszeitung“, 27. Mai 2021
nahaufnahme, „taz – die tageszeitung“, 27. Mai 2021

Bis 2023 sollte das neu geplante und von der Europäischen Union finanzierte „Closed-Control Access Center“ auf der Insel fertiggestellt sein. Tausende von Geflüchteten leben immer noch in dem behelfsmäßigen Lager Mavrovouni. Auf der Baustelle, die mitten auf der Insel direkt neben einer Müllkippe liegt, nimmt eine dystopische Zukunft Gestalt an. Gleichzeitig finden sich an verschiedenen Orten der Insel die Überreste sogenannter Pushbacks. Kopien von Pässen und Medikamente, die im Wald verstreut sind, sind die Spuren der Gräueltaten, die von den so genannten „maskierten Männern“ begangen werden.

„Vastria“, 24. Februar 2023
Seit zwanzig Tagen liegen die Spuren eines Pushbacks in einem Pinienwald. 1. März 2023